Geschichte Österreich

Die österreichische Geschichte von 1867 bis 1918

Doppelmonarchie Österreich-Ungarn (1867-1918)

Hinter der so genannten 'K.u.K-Monarchie' oder auch 'Donaumonarchie', die vom 8. Juni 1867 bis zum 31. Oktober 1918 bestand, verbarg sich die aus zwei Staaten bestehende österreichisch-ungarische Doppelmonarchie.

Dieser Staat, der sich aus vielerlei Völkern zusammensetzte, vereinte zwei gleichberechtigte Länder unter einem Dach. Ihr Oberhaupt war der Kaiser von Österreich, der in Personalunion auch der Apostolische König von Ungarn war. Dieses Amt füllte von 1867 bis 1916 Franz Joseph I. und bis 1918 dann sein Großneffe Karl I./IV. aus. Hinsichtlich seiner geografischen Größe war Österreich-Ungarn ab 1905 mit einer Fläche von knapp 680.000 Quadratkilometern das zweitgrößte Land in Europa, bezüglich ihrer Bevölkerung brachte es die Monarchie mit knapp 53 Millionen Einwohnern immerhin auf Platz drei. Zur Doppelmonarchie gehörten Österreich, Ungarn, Tschechien ohne das Hultschiner Ländchen, die Slowakei, Slowenien, Kroatien, Bosnien, Herzegowina sowie Teilgebiete von Rumänien, Montenegro, Polen, Italien, Serbien und der Ukraine.
Interessant ist, dass die Doppelmonarchie nie eine einheitliche Flagge besessen hat. Die Österreicher führten die Habsburgische Fahne, die Ungarn eine rot-weiß-grüne Flagge mit dem ungarischen Wappen. Begründet war der Staatenzusammenschluss in den kriegerischen Unruhen zwischen Preußen und Österreich und dem damit verbundenen Hegemonialstreben. Um nicht von den Preußen und dem Deutschen Bund an den Rand der Macht in Europa gedrängt zu werden und gleichzeitig die Unabhängigkeitsbestrebungen der Ungarn auszuschalten, entschlossen sich der österreichische Kaiser und seine Diplomaten zu diesem Schritt. Für die Ungarn war damit der Ruf nach einer eigenen Verfassung beantwortet.
Dennoch war die Verbindung beider Staaten von beständigen Unruhen begleitet, die ihre Verankerung bereits im Vorfeld der bilateralen Beziehungen beider Länder hatte. Die Revolten und Aufstände in Ungarn gegen das sie beherrschende österreichische Kaisertum konnten in den fünfziger Jahren des 19. Jahrhunderts nur mithilfe russischer Militärunterstützung niedergeschlagen werden. Durch Exekutionen führender ungarischer Politiker wurden die Ressentiments gegen die Österreicher nur weiter geschürt. Die Bauernbefreiung durch die Habsburger brachte dann das Fass zum Überlaufen, der ungarische Adel ging in offene Konfrontation gegen das Kaiserreich. Österreich führte in Ungarn viele Neuerungen ein, wie z.B. Modernisierungen im Bildungssektor, die Abschaffung der Gerichtsbarkeit von adeligen Gutsherren sowie die allgemein verbindliche Einführung der österreichischen Gesetzgebung. Bis es zur Bildung der Doppelmonarchie kam, musste innerstaatlich von den liberalen Kräften des Landes viel Überzeugungsarbeit geleistet werden. Ein Argument war, dass Ungarn zwischen die Mühlen der Machtbestrebungen Russlands und Deutschlands geraten würde und durch die im Land selber brodelnden Unruheherde der Minderheiten schnell isoliert sein könnte. Den zunächst äußerst skeptischen Adel überzeugten die Liberalen, allen voran ihr Anführer Ferenc Deák, dadurch, dass die Unverletzlichkeit der territorialen und politischen Rechte der Gutsherren unangetastet bleiben würde. Nach Abschluss der Verhandlungen und Unterzeichnung des Staatsvertrages wurde das ungarische Parlament unverzüglich wieder hergestellt, neues Oberhaupt der ungarischen Regierung wurde Graf Andrássy.

Mit dem Abschluss der Verträge war nun aber keinesfalls Ruhe in den österreichisch-ungarischen Beziehungen eingekehrt. Alle zehn Jahre, darauf hatte Ungarn bei den Verhandlungen entschlossen bestanden, sollten Anpassungen stattfinden. Die vielen Streitpunkte zwischen den beiden Mitgliedern der Doppelmonarchie führten zu einem dauerhaft angespannten Verhältnis. Kaiser Franz I. war zwar faktisch ungarisches Staatsoberhaupt Nr. 1, aber sein Einfluss auf die innenpolitische Situation des Vertragspartners war deutliche kleiner als erhofft. Auch war die staatliche Gleichsetzung Ungarns für viele andere von Österreich einverleibte Regionen Anlass für Unruhen und Revolten im Kleinen, was zu einem ständigen innenpolitischen Spannungsverhältnis in Österreich führte. Auch behandelten Ungarn und Österreich ihre nationalen Minderheiten, beispielsweise mit Blick auf das Abhalten von Schulunterricht in der jeweiligen Muttersprache, sehr unterschiedlich, was wiederum Anlass für Diskussionen gab. Vor allen Dingen Kaiser Franz I. war sehr um eine ausgleichende Politik für beide Staaten bemüht. Sein Thronfolger allerdings, Erzherzog Franz Ferdinand, machte kein Hehl darauf, dass er bei seiner Amtsübernahme die Doppelmonarchie dergestalt umbauen würde, dass Ungarns seiner Ansicht nach erpresserische Politik ein Ende bereitet werden würde. Diesen Bestrebungen kam die 1908 im Osmanischen Reich ausgebrochene türkische Revolution zugute. Zwar hatte sich die Doppelmonarchie seit drei Jahrzehnten Bosnien und Herzegowina einverleibt, eigentlich gehörten diese beiden Gebiete jedoch zum Osmanischen Reich. Aus diesem Grund wurde - unter der Regie des Thronfolgers Franz Ferdinand - die Einverleibung der Gebiete nun faktisch vollzogen, was vom restlichen Europa mit großer Besorgnis zur Kenntnis genommen wurde. Gleichzeitig verdeutlichte dieser im Alleingang vollzogene Annexionsakt die politische Isolation der Doppelmonarchie. Auch das 60jährige Thronjubiläum von Franz I. stand unter keinem guten Stern, zwar gratulierten die europäischen Staatsoberhäupter höflich in Wien und die Ungarn verhielten sich still gegen den 'Fremdherrscher', aber in Prag und Laibach kam es zu Protesten gegen die Habsburgische Dominanz, also die Dominanz der Deutschen, in Österreich. Wie ungewollt die Herrscher in weiten Teilen ihres Vielvölkerreiches waren, zeigte sich im dramatischen Klimax in Sarajewo, der Hauptstadt Bosniens, das Franz Ferdinand und seine Frau Sophie 1914 anlässlich des ersten Staatsfeiertages besuchten. Von einem serbischen Attentäter, der damit den Unabhängigkeitsanspruch Serbiens unterstreichen wollte, wurde das königliche Paar auf der Fahrt durch die Stadt erschossen. Dies führte sowohl national als auch europäisch gesehen zu einer schweren Krise, die schließlich im Ersten Weltkrieg mündete.

Angesichts der Ereignisse in Sarajewo betonte Deutschland unter seinem Kaiser Wilhelm II. noch einmal seinen Schulterschluss mit der Doppelmonarchie und sicherte absolute Treue im Bündnisfall zu. Angesichts der Vermutung, dass Belgrad hinter dem Mordanschlag auf den Thronfolger stand, wurde von der Doppelmonarchie ein Ultimatum gestellt, das von den Serben jedoch defensiv beantwortet wurde. Einigen österreichisch-ungarischen Politikern reichte dies jedoch nicht aus, sie forderten unzufrieden, dass Kaiser Franz I. nun dem Nachbarland den Krieg erklären müsse.
Der hochbetagte Monarch kam diesem Wunsch nach, was zu weiteren verhängnisvollen Ereignissen führte: Russland machte mobil, um Serbien beizustehen und erklärte der Doppelmonarchie den Krieg, wobei ihm seine beiden Bündnispartner England und Frankreich zur Seite standen. Ihnen gegenüber standen Österreich-Ungarn und das Deutsche Reich. Ganz Europa und bald schon die ganze Welt befanden sich nun auf dem Weg mitten hinein in eines der blutigsten Kapitel der Zeitgeschichte.
Auch nach dem Krieg führten die Nationalitätenfragen sowohl in Österreich als auch in Ungarn zu vielerlei Diskussionen, die trotz vielfältiger politischer Bemühungen schließlich am 31. Oktober 1918 zum Austritt Ungarns aus der Union führte.


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