Die Zeit des Dritten Reiches lässt sich für Österreich an zwei Stichtagen festmachen: Zum einen ist dies der 12. März 1938, als die Republik Österreich vom Deutschen Reich einverleibt wurde. Zum anderen das Ende des Zweiten Weltkrieges, als Hitlerdeutschland von den Alliierten in die Knie gezwungen und damit alle annektierten Gebiete befreit worden waren.
Zwischen Kaiserreich und Drittem Reich
Die Vorgeschichte zum 'Anschluss' an Großdeutschland vor 1938 ist schnell erzählt. Auch Österreich hatte große wirtschaftliche Probleme in den zwanziger Jahren, zudem gab es viele politische Strömungen, die sich nicht wirklich zur Ersten Republik bekannten, dies äußerte sich u.a. durch paramilitärische Splittergruppen. Unter anderem gab es auch eine sich aus deutsch-nationalen und antiklerikalen Kreisen zusammensetzende Deutsche Arbeiterpartei, die dann in den zwanziger Jahren zur österreichischen Deutschen Nationalsozialistischen Partei umbenannt wurde. Diese arbeitete eng mit der deutschen NSDAP in München zusammen, zu diesem Zeitpunkt allerdings nahmen die Nationalsozialisten in Österreich noch keine wichtige Rolle in der politischen Landschaft ein. Doch bald gab es Diskussionen, ob eine politisch Kurskorrektur, weg vom bisherigen demokratisch-parlamantarischen Kurs, hin zu
Hitlers favorisiertem revolutionär-außerparlamentarischen Kurs, stattfinden sollte. Bis zum Ende der zwanziger Jahre hatten sich die Nationalsozialisten von einer politischen Randerscheinung zu einer Einfluss nehmenden Größe entwickelt. Diese Tendenz hielt an und mündete Anfang der dreißiger Jahre auch in terroristischen Anschlägen, was schließlich zu einem Verbot der österreichischen NSDAP führte. Der Terror hielt jedoch weiterhin an und schließlich geriet das ganze Land in einen bürgerkriegsähnlichen Zustand, als man dies nicht länger hinnehmen wollte. Unter Dollfuß wurden 1934 alle politischen Oppositionen ausgeschaltet und der so genannte 'Ständestaat' begründet. Doch auch dies war nicht von Bestand, die österreichischen Nationalsozialisten versuchten einen Putsch, der jedoch misslang. Deutschland stritt ab, etwas mit dem Putschversuch gemein zu haben. Die deutschen Nationalsozialisten hatten jedoch das erklärte Ziel, Österreich ins Großdeutsche Reich 'heimzuholen', nicht zuletzt wegen seiner für die Rüstung nutzbaren Rohstoffe Eisenerz und Erdöl, vielen arbeitslosen Facharbeitern und der Geld- und Goldreserven der Nationalbank. Am 11. März willigte der österreichische Bundeskanzler in Deutschlands drohende Forderungen ein und Österreich wurde einen Tag später dem Deutschen Reich 'angeschlossen'.
Der Anschluss ans Reich
'Anschluss' war gleich bedeutend mit deutscher Besetzung durch 65.000 Soldaten, Übernahme von Staats- und Regierungsorganen sowie der Polizei und Armee. Eine unvergleichliche Propagandawelle überrollte unterdessen in den Wochen nach dem Anschluss 1938 die österreichischen Bürger, die in einer Volksabstimmung am 10. April über die Angliederung an Großdeutschland 'befinden' sollten. Wenn man den amtlichen Zahlen glauben darf, stimmten mehr als 99 Prozent der Österreicher, aber auch der Deutschen für die Eingliederung Österreichs.
Umgestaltung des Landes
Erste Judenverfolgungen - durchgeführt von SA und nationalsozialistischen Fanatikern begannen, und zeitgleich wurde unter Josef Bürckel auch die NSDAP Österreichs reorganisiert. Nachdem Bürckel auch seine Verwaltungsaufgaben erfüllt hatte, wurde er von Baldur von Schirach als Reichsstatthalter und Gauleiter von Wien von 1940-45 abgelöst. Aus den österreichischen Ländern waren sogenannte Reichsgaue gemacht worden. Durch die Veränderung der Namen sollte jeder historische Bezug, und damit auch die nationale Identität der Österreicher, ausgeschaltet werden. So wurden Niederösterreich und das nördliche Burgenland zum Gau Kärnten und Niederdonau; Oberösterreich, der steirische und österreichische Teil des Aussereelandes wurden zum Gau Oberdonau; Salzburg, die Steiermark, Wien und Tiro wurden zum Gau Tirol-Vorarlberg. Aus dem Kleinen Walsertal wurde der Gau Schwaben und die Gemeinde Jungholz schlossen die Nazis Oberbayern an. Da Tirol den Bezirk Lienz an Kärnten abtrat, wusste Mussolini, dass die Nationalsozialisten Südtirol nicht beanspruchen würden. Dazu kamen noch, dass die deutsch besiedelten Bereiche der Tschechoslowakei 1938 den Gauen Niederdonau und Oberdonau zugeteilt wurden. Gleiches passierte während des Krieges mit Teilen Sloweniens.
Monetäre Zugewinne
Neben der territorialen Vereinnahmung erfolgte auch die monetäre, da sämtliche Geld-, Gold- und Devisenwerte in den Besitz des Deutschen Reiches übergingen. Österreich versorgte Deutschland mit knapp anderthalb Millionen Reichsmark in Gold. Auch die in England deponierten Reserven wurden dem Deutschen Reich ohne Probleme angewiesen. Durch einen schlechten Wechselkurs von 1,5 Schilling:1 Reichsmark hatten es die Nazis leicht österreichische Unternehmen und Vermögen in ihre Hand zu bringen. Zunächst bedeutete die deutsche Hand in Österreichs Wirtschaft für viele Bürger eine Verbesserung ihrer wirtschaftlichen Verhältnisse, weil viele, viele Arbeitskräfte für die Rüstungsindustrie gebraucht wurden. Daneben gab es den Reichsarbeitsdienst, später wurden die Männer dann zur Wehrmacht eingezogen. Für die Mädchen gab es den BDM (Bund deutscher Mädchen), der dafür sorgte, dass sie landwirtschaftliche Arbeiten verrichteten.
Macht, Vertreitung, Tod und Widerstand
Was aber passierte nun im Land selber? Mit der Machtübernahme der Nazis begann eine Welle der Gewalt gegen jüdische Einwohner Österreichs. Plünderungen, Vertreibungen und Enteignungen fanden im ganzen Land statt. Neben den Juden waren es auch die Regimegegner, die mit maßlosen Repressalien zu rechnen hatten. Die beim Zwangsverkauf ihrer Vermögenswerte erwirtschafteten Erlöse wurden auf sogenannten Sperrkonten eingefroren, sodass die eigentlichen Besitzer keinen Heller davon sahen. Zwischen 1938 und 1939 wurden schätzungsweise knapp zweitausend Kraftfahrzeuge und mehr als vierzigtausend Wohnungen beschlagnahmt. Auch Kunstschätze und andere wertvolle Gegenstände gehörten zum enteigneten Besitztum, sie wurden entweder Museen und Universitäten übergeben oder an liquide Privatpersonen verkauft. Wer konnte, der floh, nicht nur um der Zwangsenteignung zu entgehen, sondern um das nackte Leben zu retten. Auch politische Gegner, Intellektuelle und Künstler waren von Verfolgung bedroht. Ihnen drohte eine Deportation ins Konzentrationslager, eine Enthebung aus Amt und Würden war zumeist nur der erste Schritt. Deshalb setzte auch unter dieser Bevölkerungsgruppe ein großer Strom ins Exil ein. Aber Hunderttausende fanden in den Arbeits- und Vernichtungslagern den Tod, darunter auch viele Sinti und Roma, Homosexuelle und bekennende Christen.
Trotz aller Bedrohung gab es auch innerösterreichischen Widerstand gegen das Nazi-Regime. Die Widerständler setzten sich zusammen aus Sozialdemokraten und Kommunisten, Anhängern und Amtsträgern der römisch-katholischen Kirche, Soldaten und Offizieren sowie Widerstands- und Partisanengruppen. Sie alle versuchten mittels verschiedenster Aktionen und Attentate Schlimmeres zu verhindern, hatten aber immer nur Teilerfolge.
Opfer und erste Zweifel
Im Krieg fielen knapp zweihundertundfünfzigtausend Österreicher von insgesamt 1,25 Millionen Dienst tuenden Männern in der Wehrmacht und der Waffen-SS. Ab 1944 hatten die Nazis personelle Engpässe und mussten daher Zwangsrekrutierungen vornehmen. Für die Bevölkerung bedeutete der Krieg die Einführung von Lebensmittelmarken und Engpässe in vielen Nahrungs- und Lebensmitteln sowie bei Gegenständen des täglichen Gebrauchs. Als sich abzeichnete, dass der schnelle Sieg ausbleiben würde, wuchsen unter der Bevölkerung Skepsis und Bedenken gegen das Regime. Mit dazu beitrugen auch die Schilderungen der Fronturlauber von unsäglichen Gräuel- und Bluttaten. Schließlich zeichnete sich ab, dass das Land am Rande einer Versorgungskatastrophe stand, um wenigstens minimale Strukturen aufrecht erhalten zu können, wurden Frauen zum Arbeitsdienst verpflichtet.
Zerstörung und Frieden
Im April 1943 wurde der erste Luftschlag gegen Österreich, was sich in massiven Angriffen der britischen und amerikanischen Verbände ein Jahr später noch steigerte. Vor allen Dingen der Großraum Wien war das erklärte Ziel. Hier starben knapp neuntausend Menschen durch Bombenangriffe. Insgesamt wurden etwa 24.000 Österreicher durch die Luftangriffe der Alliierten getötet. 1945 entbrandete ein Kampf um Wien, das Mitte April 1945 dann von der Roten Armee befreit wurde.
Noch vor dem Ende des Krieges gründeten sich die Parteien in Österreich neu, dies waren die Sozialistische Partei Österreichs, die Österreichische Volkspartei, ebenso die Kommunistische Partei. Diese drei unterzeichneten dann auch am 27. April 1945, also noch, bevor das Deutsche Reich kapituliert hatte, die Unabhängigkeitserklärung Österreichs. Die nun gegründete Republik wird auch die Zweite Republik genannt.
nächste Geschichtsepoche:
Zweite Republik (1945 bis heute)