Geschichte Österreich

Die erste Republik Österreichs

Erste Republik (1918-1938)

Nachdem im Herbst 1918 die Monarchie des Hauses Habsburg, die viele hundert Jahre lang gewährt hatte, zusammengebrochen war, geriet Österreich in den Wirbel von Neuordnung und politischer Umschichtung, der sich allenthalben in Europa bemerkbar machte.

Zunächst wurde das Staatsgebiet Österreichs von den verbliebenen Abgeordneten des Reichsrats, in Anlehnung an die deutschsprachigen Gebiete Österreichs, Deutschösterreich genannt. Die Republik Österreich wurde am 12. November 1918 gegründet, der offizielle Name Republik Österreich wurde jedoch erst am 21. Oktober 1919, beim offiziellen Inkrafttreten des Vertrages, eingeführt.
Die Gründungsphase der neuen Republik war von vielen Diskussionen begleitet. Die erste verfassungsgebende Sitzung fand am 21. November 1918 statt, als 208 Abgeordnete der überwiegend deutschsprachigen Gebiete zusammen kamen. Die Verteilung auf die politischen Lager sah dabei wie folgt aus: 65 christlich-soziale, 37 sozial-demokratische und 106 Parlamentarier aus dem deutsch-nationalen und liberalen Lager. Diese provisorische Nationalversammlung einigte sich nicht nur, vor allen Dingen beeinflusst durch die christlich-soziale Fraktion, auf die Staatenbezeichnung Österreichische Republik, sondern legte auch verschiedene andere politische Gremien und Ansprüche fest. Dazu gehörte u.a. der Territorialanspruch auf alle deutschsprachigen Gebiete der auseinander gebrochenen Donaumonarchie. Außerdem wurde die Wahl einer konstituierenden Nationalversammlung festgelegt und proklamiert, die dann auch ein Jahr später, am 19.2.1919, stattfand. Darüber hinaus wurde ein sogenannter Staatsrat gegründet, dem 20 Mitglieder des Parlaments, zu denen auch die Präsidenten der provisorischen Nationalversammlung, der Staatsnotar und -kanzler gehörten. Darüber hinaus wurden weitere Regierungsausschüsse gebildet.
Aus den Reihen der provisorischen Nationalversammlung wurde auch die erste Regierung der Republik Österreich gewählt. Der erste Staatskanzler wurde der Sozialdemokrat Karl Renner, dem von der noch amtierenden kaiserlich-königlichen Regierung schrittweise die Staatsführung übergeben wurde. Klar war zunächst auch nicht, welche Staatsform die neue Republik genau haben sollte und damit verbunden auch die Frage nach der Funktion des Kaisers. Zunächst dachten christlich-soziale Kreise, dass der Monarch eine Art 'lebenslänglicher Anwalt des Volkes' sein sollte. Aber davon nahm man recht bald Abstand, zumal Karl IV. zum vollständigen Amtsverzicht nicht bereit zu sein schien und ein Eklat zwischen den Vertretern der jungen Republik und dem entmachteten Monarchen sollte unter allen Umständen vermieden werden. Schließlich war Karl IV. doch vom Rücktritt von jeglicher Staatsmacht bereit und unterzeichnete auf Schloss Schönbrunn am 11. November 1918 eine entsprechend lautende Erklärung. Damit war die Kaiserzeit in Österreich faktisch zuende, der letzte Monarch der Habsburger war nunmehr nur noch Privatier auf seinem Schloss in den Donauauen.

Nun war der Weg für die neue Staatsform endlich frei. Am 12. November wurde die demokratische Republik ausgerufen, die als Bestandteil der Deutschen Republik bezeichnet wurde. Für dieses Staatenkonglomerat wurden entsprechende Gesetze erlassen, die regelten in welcher Form Deutschösterreich an der Gesetzgebung und Verwaltung der Deutschen Republik beteiligt sein sollte, dies galt auch für die Einflussnahme der gesetzlichen Vorschriften und Einrichtungen der Deutschen Republik auf die Österreichische Republik. Von ihrer Fläche her umfasste die erste Republik knapp einhundertundzwanzigtausend Quadratkilometer und wurde von gut zehn Millionen Einwohnern bewohnt. Konkret wurde auf folgende Gebiete von der ersten Republik Anspruch erhoben: Niederösterreich, Oberösterreich, die Steiermark, Kärnten, Tirol, der Vorarlberg, Salzburg, Deutschböhmen, das Sudetenland sowie die deutschsprachigen Gebiete in Tschechien - Iglau, Olmütz und Brünn. Anfang der zwanziger Jahre kam noch das Burgenland hinzu.
Doch nicht alle beanspruchten Gebiete wurden als zur Republik Österreich zugehörig anerkannt. Südtirol beispielsweise wurde von Italien beschlagnahmt, auch die deutschsprachigen Gebiete in Böhmen und Mähren entfielen und wurden der Tschechei zugesprochen. Ebenfalls entfiel die Anbindung an die Weimarer Republik. Weil nun Teile der deutschsprachigen Gebiete anderen Ländern angehörten, nahm die konstituierende Nationalversammlung davon Abstand, dass hierfür Volksvertreter gewählt werden sollten, auch, um politischen Unruhen vorzubauen. So wurden, laut Berechnung von Staatskanzler Renner, vier Millionen Menschen davon abgehalten in der Republik Österreich ihren Wählerwillen kundzutun, was, so argumentierte der Staatskanzler, einer Teilung Deutschlands gleichkäme. Im Versailler Vertrag wurde ausdrücklich festgehalten, dass Deutschland die Autonomie Österreichs in vollem Umfang anerkennt. Damit wurde die Intention der Siegermächte des Ersten Weltkrieges, einem Großdeutschland faktisch vorzubeugen, vertraglich festgezurrt.


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